
„Die Kunst des zweiten Blicks"

Leipzig/Berlin [ENA] Im Jahr 1649 stand der englische Kaufmann John Lilburne vor dem Obersten Gerichtshof in London unter Anklage des Hochverrats. Ihm wurde vorgeworfen, aufrührerische Schriften gegen Oliver Cromwell und das Parlament verfasst zu haben.Was diese Geschichte so besonders macht, war Lilburnes Verteidigung.
„Die Kunst des zweiten Blicks - Von historischer Weisheit zu digitaler Hysterie“ Während der Verhandlung bestand Lilburne, der als „Freeborn John“ in die Geschichte einging, darauf, die kompletten Anklageschriften zu sehen und eine vollständige Anhörung zu erhalten - etwas, das zu dieser Zeit keineswegs selbstverständlich war. Er argumentierte stundenlang und präsentierte seine Sicht der Dinge. Die Geschworenen, die zunächst von seiner Schuld überzeugt schienen, hörten ihm aufmerksam zu. Nach seiner ausführlichen Verteidigung und der Anhörung aller Beweise sprachen sie ihn schließlich frei - ein für damalige Verhältnisse sensationelles Urteil.
Dieser Fall etablierte wichtige Grundsätze des fairen Verfahrens im englischen Recht und zeigte eindrucksvoll, wie entscheidend die Anhörung beider Seiten für die Wahrheitsfindung ist. Parallelen zur Gegenwart: In der heutigen digitalen Gesellschaft ist dieser Grundsatz aktueller denn je. Die sozialen Medien haben unsere Art der Meinungsbildung fundamental verändert: Algorithmen und Filterblasen: Die Algorithmen sozialer Medien tendieren dazu, uns vorwiegend Inhalte zu zeigen, die unsere bestehenden Ansichten bestätigen. Dies führt zu „Echokammern“, in denen wir kaum noch mit gegensätzlichen Meinungen konfrontiert werden.
Schnelligkeit vor Gründlichkeit: Die Geschwindigkeit der Informationsverbreitung in sozialen Medien führt oft zu vorschnellen Urteilen. Häufig werden Menschen oder Institutionen bereits „verurteilt“, bevor ihre Version der Geschichte überhaupt gehört wurde. Fake News und Desinformation: Falschinformationen verbreiten sich in sozialen Medien nachweislich schneller als wahre Nachrichten. Ohne die bewusste Suche nach Gegendarstellungen und das Hinterfragen von Quellen können wir leicht in die Irre geführt werden.
Schnelligkeit vor Gründlichkeit: Die Geschwindigkeit der Informationsverbreitung in sozialen Medien führt oft zu vorschnellen Urteilen. Häufig werden Menschen oder Institutionen bereits „verurteilt“, bevor ihre Version der Geschichte überhaupt gehört wurde. Fake News und Desinformation: Falschinformationen verbreiten sich in sozialen Medien nachweislich schneller als wahre Nachrichten. Ohne die bewusste Suche nach Gegendarstellungen und das Hinterfragen von Quellen können wir leicht in die Irre geführt werden.
Die Lehre aus Lilburnes Geschichte für heute lautet: Gerade in Zeiten von schnelllebigen sozialen Medien und Fake News ist es wichtiger denn je, bewusst nach der „anderen Seite“ zu sehen. Dies bedeutet: Aktive Wissensaneignung zu betreiben, verschiedene Nachrichtenquellen zu konsultieren, sich Zeit für eine Analyse zu nehmen, vorschnelle Urteile zu vermeiden und Fragen zu stellen. Der alte römische Rechtsgrundsatz hat nichts an Aktualität eingebüßt - im Gegenteil: Er ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je, um zu ausgewogenen und fairen Urteilen zu kommen.